Die Krankenkasse DAK hat eine Studie zur Online-Sucht von Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Das Ergebnis: Rund fünf Prozent sind betroffen und reagieren mit Unruhe oder Gereiztheit auf den Online-Entzug.
Hiervon sind sicherlich auch Erwachsene betroffen und den Effekt, unruhig zu werden, wenn das Smartphone nicht maximal in Armeslänge verfügbar ist, nennen wir schon länger „NoMoPhobie„, ein aus den Worten No-Mobile-Phone zusammengesetztes Kunstwort. Ich gebe offen zu, davon auch nicht ganz frei zu sein. Ganz unten dazu noch ein kurzes Video.
Doch zurück zu der Studie.
Hierbei wurden im Sommer 2015 1.000 Mütter und Väter von 12- bis 17-jährigen Jugendlichen nach der Internetnutzung ihrer Sprösslinge befragt.
Zweieinhalb Stunden pro Tag online
25 Prozent der befragten Eltern schätzen, dass ihr Kind das Internet eine Stunde an einem normalen Werktag nutzt, 29 Prozent schätzen die Internetnutzung ihres Kindes auf zwei Stunden und 19 Prozent auf drei Stunden.
Im Durchschnitt wird die Internetnutzung der Kinder auf ca. zweieinhalb Stunden an einem normalen Werktag geschätzt, an Wochenenden werden es dann schon vier Stunden.
Videos und Spiele
29 Prozent gaben an, ihre Kinder würden mehr als die Hälfte ihrer Online-Zeit mit Videos ansehen, z.B. auf YouTube, verbringen.
Ebenfalls 29 Prozent der Kinder verbringen mehr als die Hälfte ihrer Online-Zeit mit Online-Spielen bzw. Online-Computerspielen, wie z.B. League of Legends oder Counterstrike, 28 Prozent mit Chatten bzw. mit Messengern, wie z.B. Whatsapp.
Deutlich weniger Kinder verbringen mehr als die Hälfte ihrer Online-Zeit mit Sozialen Netzwerken, wie z.B. Facebook (10 %) oder Surfen (3 %).
Deutliche Unterschiede zeigen sich in der Nutzung des Internets zwischen Jungen und Mädchen. So verbringen Jungen einen großen Teil ihrer Internetnutzung mit Computerspielen, während die Mädchen die meiste Zeit chatten. Videos sehen sich vor allem die jüngeren Kinder (12- bis 13-Jährige) an.
Jeder Fünfte zeigt Entzugserscheinungen
Laut der Hälfte der befragten Eltern bleibt das Kind länger online als vorgenommen. 22 Prozent der 12- bis 17-Jährigen fühlen sich ruhelos, launisch oder gereizt, wenn sie ihre Internetnutzung reduzieren sollen. Etwa jedes zehnte Kind nutzt das Internet, um vor Problemen zu fliehen. Bei elf Prozent der Befragten hat das Kind mehrfach erfolglose Versuche unternommen, seine Internetnutzung in den Griff zu bekommen. Bei sieben Prozent der Kinder gefährdet die Onlinewelt eine wichtige Beziehung oder eine Bildungschance, wobei die Jungen doppelt so häufig betroffen sind.
Zeichen für Internetsucht
1. Es besteht ein starker Wunsch oder eine Art innerer Zwang, der jeweiligen Aktivität im Internet (Computerspiele, Nutzung sozialer Netzwerke oder von Messengern, Nutzung von Seiten mit sexuellen Inhalten) nachzugehen.
2. Beginn, Dauer und Beendigung dieser Tätigkeiten können nur noch schlecht oder sogar gar nicht mehr kontrolliert werden.
3. Bei Verzicht auf diese Aktivitäten treten Entzugssymptome wie innere Unruhe, Schlafstörungen, Gereiztheit, Aggressivität oder andere deutliche negative Veränderungen der Gefühle und/oder des Körperempfindens auf.
4. Um die ursprüngliche Wirkung (angenehme Gefühle, Entspannung etc.) des spezifischen Internetgebrauchs zu erreichen, muss immer länger und/oder mit immer intensiveren Reizen dieser Internetaktivität nachgegangen werden. Eventuell werden die ursprünglich positiven Empfindungen kaum noch oder nur noch in geringer Ausprägung und/oder für sehr kurze Dauer erreicht.
5. Durch den erhöhten Zeitaufwand für die Internet-/Computernutzung werden andere Interessen vernachlässigt oder gar nicht mehr als solche wahrgenommen. Oder anders ausgedrückt: Aktivitäten in der virtuellen Welt werden wichtiger als die Aktivitäten in der Realität.
6. Obwohl bereits wiederholt schädliche Folgen des Internet-/Computergebrauchs aufgetreten sind, wird dieser weiter fortgesetzt.
Diese Symptome sind Ernst zu nehmen und Betroffene sollten unbedingt darauf angesprochen werden. Doch zeigen diese Punkte auch, dass an das Vorhandensein einer Sucht harte Kriterien gelegt werden müssen. Es müssen soziale, körperliche und psychische Folgen beobachtbar sein, um von einer Sucht sprechen zu können.
Lösung: Medienkompetenz
Die von so vielen zunehmend kritisierte Nutzung von Smartphones ist für sich noch kein Suchtverhalten, allenfalls ist es Mitmenschen gegenüber unhöflich und zeugt oftmals von schlechter Kinderstube. Es gilt, echtem Suchtverhalten vorzubeugen und Jugendlichen einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet zu zeigen. Wieder einmal liegt der Schlüssel in der Medienerziehung in jungen Jahren.
„Die Vermittlung einer frühen Medienkompetenz ist der entscheidende Schlüssel zur Prävention gesundheitsschädlicher Auswirkungen des Internetgebrauchs und der Computernutzung,“ so auch Marlene Mortler, Drogenbeauftragte der Bundesregierung.
Ein Verbot aller digitalen Medien bis zum 16. Lebensjahr, wie es einige Hardliner der bücherschreibenden Szene fordern, halte ich für unsinnig und in unserer heutigen Zeit weder für praktikabel noch wünschenswert.
Die Studie der DAK liefert noch viele weitere Ergebnisse und auch Kontaktadressen für Betroffene und Angehörige. Sie kann hier kostenfrei herunter geladen werden.
Fühlt Ihr Euch selbst Online- oder Smartphone-süchtig? Was tut Ihr, um dem entgegen zu wirken? Kennt Ihr Menschen, die bereits oben beschriebene Symptome zeigen? Wie geht Ihr damit um? Sprecht Ihr die Personen darauf an?